009Lebende Legende
Beiträge: 2000Registriert: 10.07.2009
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Und nun der Text, dann doch mehr aus Erinnerung und den alten Notizen umformuliert heruntergeschrieben, erreicht gewiss nicht die prosaische Reizhaftigkeit, die dem Miterleben der Geschichte innewohnte, istz aber dafür eine subjektiv-authentische Schilderung...
Ich radelte begleitet am Nordseeufer lang, als ich, weil erst im vorbeifahren in einer der Vertiefungen der Uferbefestigungen erkennbar, plötzlich den Seehund bemerkte. Wir stellten die Räder ab und betrachteten ihn. Erst schien er sich gar nicht zu bewegen, dann minimal. Er hatte die Augen mehr zu als auf, regierte offensichtlich weder wirklich auf die Radfahrer oder Fußgänger (die meisten schienen ihn nicht zu entdecken). Was nun tun? Weder der Vermieter der Ferienwohnung noch die Touri-Info (als Ortskundige) waren zu erreichen, nach dem alten Merksatz „wenns brennt, medizinisch ist oder in Kategorie Katze im Baum fällt, isses Feuerweh, nicht Polizei“ fiel der Entscheid für die Blauröcke (die mit den roten, nicht den silbernen Autosm, ist ja heutzutage nimmer eindeutig). Mit leichtem Zweifel, ob es wirklich ein Notfall ist, wurde die 112 gewählt, nach drern Meldung gesagt hier ein villeicht nicht Notfall, ob er die normale Nummer sagen kann. Die meinetn das kriegt ihre Anlage so gehandelt, gut, dann hieß es sinngemäß „Mein Name ist, ich stehe hier (Beschreibung Uferstelle) und wir haben einen Seehund zuviel.“ - „Aha?!?!?“ - Ja, der liegt in dieser Vertiefung der Befestigung, wirkt schlafend, auch wenn Augen auf keine Reaktion trotz auf nur einen Meter rangegangen“. „Ah, OK, da muß ich mal telefonieren, ich melde mich wieder, ihre Nummer wurde übermittelt“ (gut, das ist bei der 112 ja immer so).
Daraufhin ergab sich die Gelegenheit zu soziologischen Studien. Bewusst um ihm Ruhe zu lasen standen wir an einer Bank, gut 15m von der Stelle weg. Von den vorneikommenden Radlern und Fußgängern haben <50% das Tier überhaupt bemerkt, davon sprach uns nur ein älteres Paar an, was nachdem wir warten auf Rückruf Feuerwehr sich wieder trollte.
Schon meldete sich die Feuerwehr, dankte für den Anruf und sagte das wäre schon sinnvoll, sie würden den Hern Wieauchimmer vorbeischicken, der sei zustöndiger Tierarzt und auch mit der Seehund-Aufzuchstation vertraut. Es könne so nei Viertelstunde dauern, er käme mit dem Privatwagen.
Also wurde der Halt dort verlängert, statt radelnd sich viel der Gegend anzuschauen wurde wartend wenig genau betrachtet, es hatte auch schon was komisches, weil eigentlich am nächsten Tag ein Besuch in einem Meereszoo geplant war, um ua diese Spezies zu betrachten.
Schnell verging die Zeit, es dämmerte schon ein klein wenig, da meinte ich beidseits in großer Entfernung UFOs kommen zu sehen. Das eine muß ein deutsches, weil warnblinkend neben dem Abblendlicht, gewesen sein, das andere hatte das Licht aus, man sah nur teils Refelexionsflächen. Nach kurzen Durchatmen mit der frischen Meerluft erkannte ich dann links einen privaten Kombi und rechts einen Streifenwagen. Letzterer kam zuerst an, wurde von uns wedelnd und mit „Moin, sind sie auch wegen dem überzähligen Seehund hier?“ begrüßt. Das wurde verneint, nach kurzer Info entschieden sich die beiden, das Tier auch ma zu begucken. Kaum getan, traf auch der Veterinär ein.
Ein sehr sympathischer wie urig norddeutsch wirkender und mir auch sehr kompetent erscheinender Herr mit auffallend löchrigem Stiefeln stieg aus. Nach kurzer Rundumbegrüßung erfolgte die gemeinschaftliche Laien-, Fachmanns-, und BOS-Vertreter-Inaugenscheinnahme des Tieres.
Es wurde als junger, untergewichtiger Seehund aus dem Frühjahr des Jahres identifiziert, bei dem unsicher ist, ob er den Winter überstehen oder doch in den Nahrungskreislauf anderer Tiere gelangen wird. Die scheinbare Regungslosigkeit sei nicht ungewöhnlich, er schlafe sehr sicher nur. Auf einen Meter ran sei nicht ungefährlich gewesen, Seehunde seien manchmal dann doch ganz flinke Raubtiere mit gutem Biss, ein Exemplar was eher noch kleiner war sei ursächlich für die Schäden am Gummistiefel. Direkten Anlaß zu Aktionen sehe er nicht, der theoretische Entschluß ihn in die Aufzuchtstation bringen zu lassen würde für ihn einen hohes Maß an Streß bedeuten, was mitunter auch zum ableben führen kann. Zudem dürften solche Transporte nur im Zivilwagen erfolgen, was für die Fahrer auch sehr riskant sei, weil bzw. wenn sie die Transportzeit minimieren wollten. Zudem hänge es daran, wie die nächste Zeit werde, wieviel er noch zulegen und wie das Wetter werden würde, es sei jetzt weder sicher zu prognostizieren, dass er es schafft noch das er es nicht schafft.Und anders als noch viele dächten sei die Population insgesamt groß und nicht nur stabil, sondern wachsend, ein aussterben sei nicht zu befürchten.
Ungefähr zu diesen Worten regte sich der kleine, wohl über die generell guten Aussichten seiner Art erfreut. Die Polizisten, alles irgendwie notierend, fragten dann ob er also ohne Maßnahme wieder fahren würde und sie den Einsatz, der ja eh keiner war, weil nur auf Streifenfahrt angehalten, wieder beenden könnten. Der Tierarzt meinte von ihm aus schon, wenn der Seehund wolle käme er leicht wieder ins Wasser, bei Bedenken das er da zu nach an den Touristen ist gäbe es dan nur zwei Möglichkeiten: Mit Besen oä. den er dabeihabe, ihn auf- und wieder ins Meer scheuchen oder im anderen Extrem ihn töten und zur Obduktion für die Forschung bringen lassen. Auf ein „ginge das? Könnten Sie das?“ der Beamten folgte ein trockenes „Ich hab die Genehmigung, geeignete Waffe und Transportmöglichkeit im Wagen“ Aaaaber gleichzeitig erwachte dann doch wieder der Lebensgeist im Seehund, er drehte sich, verschwand im Wasser, guckte nochmal zurück so als meinte er „Gehts' noch“ und ward nimmer gesehen.
Schnell war die Streife weg und nach nettem Plausch mit dem Arzt übver Seehunde und Tierarzt zu sein direkt am Wattenmeer wollte auch der wieder nach Hause.
Nach dem Urlaub habe ich für diesen „Privatunterrricht im Einsatzfall“ dann der Einfachheit halber, weil ich den Namen vom Arzt nimmer hatte, einer der Auffangstationen eine Spende überwiesen.
Tja, auch so kann Urlaub im bzw. am Wattenmeer verlaufen...
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