Niedersachsen: Gesetzgeber ist auf den Hund gekommenen Kragen

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
Maglor
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Mo 24. Jun 2013, 19:41 - Beitrag #1

Niedersachsen: Gesetzgeber ist auf den Hund gekommen

Ab 1. Juli müssen alle, die sich einen neuen Hund anschaffen, vorher einen Sachkundenachweis vorlegen. Dies gilt für alle Hunderassen. (In fast allen anderen Bundesländern gibt es ähnliche Regelungen für angebliche gefährlichen Rassen wie Kampfhunde.) Für den Sachkundenachweis wird das zukünftige Herrchen beim Vetrenäramt geprüft.
Außerdem soll jeder Hund mit einem Chip unter der Haut registriert.
Als wäre es noch nicht genug, wird die Haftpflichtversicherung für Hunde auch noch Pflicht.

Ist dieser Aufwand wirklich notwendig?
Wenn Hundehalter ein Ausbildungsberuf wird, geht Deutschland vor die Hunde.

Die eigentliche Pointe: Die Pflicht zum Sachkundenachweis gilt nur Neuzulassungen. Die alten Köter bleiben also weiterhin im Verkehr. :crazy:

Beim dem Aufwand kauf ich mich doch lieber ein Pferd oder ziehe nicht nach Niedersachen. :rolleyes:

janw
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Mo 24. Jun 2013, 20:37 - Beitrag #2

Abgesehen von den Problemen für manche, oft ältere Leute, denen ein Pudel oder Dackel oft als Gefährte im Leben dient, finde ich die Regelung nicht ganz verkehrt.
Für mein Empfinden werden deutlich zu viele Hunde gehalten, die sich nicht akzeptabel verhalten und deren Menschen sich nicht hinreichend darum kümmern, einen sogar beschimpfen und verantwortlich machen, weil ihr Hund einen belästigt hat.
Und lass es dann geschehen, daß ein solches Tier Dich verletzt, und der/die Halter/in hat weder Geld, noch ist er/sie versichert...

Man hätte die Regelung natürlich auch anders aufziehen können, z.B. durch Umwandlung der Hundesteuer in eine Abgabe, die zur Deckung der durch Hunde verursachten öffentlichen Kosten und Lasten dient, einschließlich einer Versicherungsfunktion.
Allerdings wäre das ein Eingriff in die kommunale Steuerhoheit gewesen, da die Hundesteuer eine der wenigen unmittelbaren Gemeindesteuern ist.

Lykurg
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Di 25. Jun 2013, 08:34 - Beitrag #3

Find ich gut. Endlich verstehe ich, wozu der Sachkunde-Unterricht in der Grundschule gut war... und die älteren Leute, die sich einen Hund zulegen, tun das hoffentlich in einem Alter, in dem sie einen solchen Nachweis noch erbringen können (wenn das Verlangte nachvollziehbar ist), ansonsten ist auch ihre Halterschaft nicht unbedingt ideal zu nennen. Insbesondere wenn sie früher bereits Hunde hatten und es nur um einen Nachfolger geht, sollte ihnen das inhaltlich auch nicht allzu schwer fallen.

Der Chip wird wohl überall zur Selbstverständlichkeit, meine Katzen sind auch von klein auf gechipt. Zum Glück war er noch nie nötig (zum Einkaufen habe ich sie auch nicht dabei). Wann es wohl beim Menschen soweit ist (abgesehen von Spionen^^)?

Traitor
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Di 25. Jun 2013, 21:14 - Beitrag #4

Ohne mir jetzt die Details des Gesetzes angesehen zu haben - jede Regelung, die die Zahl der Hunde senkt oder zumindest deren Anstieg stoppt, ist gut... Obwohl, natürlich nicht "jede". Von Maglors Begriff "Neuzulassung" weitergedacht wäre es ja nur ein kleiner Schritt bis zur Abwrackprämie - vermutlich doch zu viel des Gutens. ;)

Ob so ein Nachweis dann letztlich irgendetwas bringt, hängt natürlich sehr an der praktischen Ausgestaltung; ebenso, ob die Bürokratie dahinter sich selbst trägt oder eine riesige Verschwendung wird.

Die Haftpflichtpflicht dagegen klingt weitgehend unkritisierbar. Verstärkt auch noch die Parallele zu Autos. Hm, wie wäre es als nächstes mit Abgasklassen? ;)

Maglor
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Di 25. Jun 2013, 21:56 - Beitrag #5

Naja, das ganze passt nicht mit meinem Weltbild zusammen.
Ich habe ja auch keine Probleme mit streundenden Hunden. Meistens verjage ich sie mit üblen Drohgebärden, letzte Woche erst einen dummen, fremden Hund eingefangen quasi angeleint und abgeführt.
Ich versteh ga nicht, was immer der ganze Aufriss.

Aber was der Versicherungsbranche recht und billig ist, das kann nur gut für den Staat sein.

Den Chips kann ich auch nichts abgewinnenn, da verweise ich lieber auf Friedrich Hebbel:
[INDENT]Ja, das Kätzchen hat gestohlen,
und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
daß er es im Teich versenkt![/INDENT]

Traitor
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Di 25. Jun 2013, 22:44 - Beitrag #6

Tja, streunende Hunde kenne ich als Städter nur aus dem Mittelmeer-Urlaub. Dort zumindest tragen sie nicht gerade zum Sicherheitsgefühl bei. Nichtstreunende mit überforderten und/oder asozialen Haltern sind aber auch nervig genug.

e-noon
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Mi 26. Jun 2013, 09:02 - Beitrag #7

Warum steht bei mir in der Ueberschrift:
Niedersachsen: Gesetzgeber ist auf den Hund gekommenen Kragen

Was soll das heissen?

Ipsissimus
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Mi 26. Jun 2013, 09:50 - Beitrag #8

die Sachkunde-Prüfung halte ich für verzichtbar; ein charakterlicher Eignungstest der Halter würde sehr viel mehr bringen. Es gibt meines Erachtens keine per se gefährlichen Hunderassen, nur menschen- und tierverachtende Halter, die aus einem netten Kerl eine Bestie zu machen bereit sind. Die Haftpflichtversicherung wiederum empfinde ich als sinnvoll, die hat man ja auch für Kinder^^

janw
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Mi 26. Jun 2013, 15:15 - Beitrag #9

e-noon, das ist maglorisch oder -esk ;)

Sicher, auf die Sachkundeprüfung könnte vielleicht verzichtet werden
Aber ob sich ein charakterlicher Eignungstest durchsetzen ließe?

Maglor, mir wäre es schlicht nicht möglich, mich gegen einen widerborstigen Hund zur Wehr zu setzen, eine Verletzung würde mich aber existenziell treffen.
Da würde ich nicht erst mit viel Kosten und Klagerisiko zivilrechtlich gegen den Halter vorgehen müssen, dessen Identität ich viellecht gar nicht herausbekommen würde, um nach langer Zeit einen Schadensersatz zugesprochen zu bekommen, der mir dann nichts mehr hilft und den der chronisch klamme Halter auch nicht bezahlen kann.

Ipsissimus
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Mi 26. Jun 2013, 16:46 - Beitrag #10

es ist jedenfalls kaum jemals mangelnde Sachkunde dafür verantwortlich, im Gegenteil, über die Sachkunde musst du verfügen, wenn du einen Hund zum Killer erziehen willst, reiner persönlicher Sadismus des Halters ist dafür nicht effektiv genug

der Persönlichkeitstest lässt sich wahrscheinlich genauso wenig durchsetzen wie bei der Elternschaft, wäre aber m.E. in beiden Fällen das sachliche Mittel

janw
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Mi 26. Jun 2013, 18:13 - Beitrag #11

Zitat von Ipsissimus:es ist jedenfalls kaum jemals mangelnde Sachkunde dafür verantwortlich, im Gegenteil, über die Sachkunde musst du verfügen, wenn du einen Hund zum Killer erziehen willst, reiner persönlicher Sadismus des Halters ist dafür nicht effektiv genug

der Persönlichkeitstest lässt sich wahrscheinlich genauso wenig durchsetzen wie bei der Elternschaft, wäre aber m.E. in beiden Fällen das sachliche Mittel

Das Problem sind in meinen Augen nicht zum Killer erzogene Hunde, sondern solche, die irgendwie zu gar nichts erzogen sind, frei ihren Revierverteidigungs- und Rudelstatustrieben folgen, ohne auf irgendwelche Zurufe zu reagieren.
Aber stimmt schon, die grundlegende Sachkunde wird den Haltern kaum abzusprechen sein.
Nur, Wissen muss halt auch angewandt werden^^

Ich fürchte, am Ende fallen zuerst die Punks durchs Raster, mit deren Hunden zumindest ich eigentlich die allerwenigsten Probleme habe.

Naja, mal sehen, was die neue Landesregierung da draus macht.

Maglor
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Mi 26. Jun 2013, 21:07 - Beitrag #12

Zitat von janw:Ich fürchte, am Ende fallen zuerst die Punks durchs Raster, mit deren Hunden zumindest ich eigentlich die allerwenigsten Probleme habe.

Das ist doch schon gewerbsmäßige Unterhaltung und bedarf natürlich noch ganz besonderes Hürden. :crazy:

Versicherungen nützen wenig, wenn sie nicht zahlen. Gegenenenfalls handelt ja der Hundehalter grob fahrlässig oder gar vorsätzlich oder der Gebissene ist selbst schuld, weil er selber schuld ist.
Viel wahrscheinlicher ist aber, dass der chronische klamme Hundehalter mal eben mit seinen Raten über Monate im Rückstand ist und daher mit einem Hund ohne Versicherungsschutz herumläuft.

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Do 27. Jun 2013, 21:23 - Beitrag #13

@Maglor: Eine Auflösung des von e-noon angesprochenen Rätsels würde mich auch interessieren. ;)

Zur Versicherungspflicht ist halt die Frage, wie die Sanktionen bei Nichtbegleichung aussehen, solange es keinen Schadensfall gibt. Beim Auto wird dann ja das Führen/Fahren untersagt. Darf der Hund dann nur nicht mehr vor die Tür, wird er temporär oder dauerhaft weggenommen? Und wer kontrolliert, und wie?

@Ipsissimus: Lese ich das richtig, dass du einer staatlichen Behörde Recht und Kompetenz für einen Charaktereignungstest zugestehen würdest? :boah:

Alle Regelungen dieses Pakets scheinen übrigens schon 2011 erlassen worden zu sein, also gar nicht Sache der neuen Regierung.

Maglor
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Mo 8. Jul 2013, 23:31 - Beitrag #14

Zur Auflösung des Rätsels:
Zuerst wollte ich die Überschrift so nennen: Gesetzgeber geht Hunden an den Kragen (Oder waren es doch die Hundehalter, die den Chip unter die Haut bekommen sollten?).
Dann bin ich auch das fade Sprichwort mit dem Hund gekommen und habe die Vorgängerversion offensichtlich verunvollständigt.

janw
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Di 9. Jul 2013, 12:00 - Beitrag #15

Maglor, an den Kragen? Eher unter die Haut oder ans Leder.

Traitor, ja, das hat die alte Regierung gemacht, mal sehen, wie es mit dem Gesetz nun weitergeht. Rin inne Kartoffeln... ;)

Ipsissimus
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Di 9. Jul 2013, 13:16 - Beitrag #16

Lese ich das richtig, dass du einer staatlichen Behörde Recht und Kompetenz für einen Charaktereignungstest zugestehen würdest?
Ein unauflösliches Dilemma, Traitor. Jedenfalls stehe ich Elternschaft nicht so naturverbunden fröhlich und unbefangen gegenüber, wie das proklamierter gesellschaftlicher Konsens zu sein scheint. Das Ausmaß an Bösartigkeit, in dem sich Eltern an ihren Kindern vergehen, ist ungeheuerlich, und da sind die explizit sexuellen Vergehen noch nicht mal in Rechnung gestellt.

Traitor
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Mo 15. Jul 2013, 21:06 - Beitrag #17

@Maglor: Interessant. Als Kunst darf es aber auch so bleiben. ;)

@Ipsissimus: Bei Kindern ist das wohl eine Wahl des kleineren bzw. statistisch selteneren Übels - wer richtet mehr oder öfter Schaden an, unfähige Eltern oder staatliche Stellen? (Wenn ein Charaktereignungstest erst nach der Zeugung/Geburt fällig würde und bei negativem Ausgang staatliche Erziehungsanstalten einsprängen. Alternativ könnte man, in einer technisch entsprechend aufgestellten *topiem, den erfolgreichen Test als Zeugungsvorbedingung betrachten und die Alternative wäre "kein Kind", dann ist es mehr eine Frage von Persönlichkeitsrechten.)
Auf die, wegen geringerer Schwerwiegendheit, einfachere Hundethematik zurückkommend, ist es meines Erachtens eine Abwägung von Nützlichkeit und Anmaßendheit eines "Charaktertests" - was berechtigt und qualifiziert eine Behörde dazu, ihn durchzuführen, und was kann er leisten, das ein Wissenstest nicht kann? Die Antworten sind für mich "nichts", "nichts" und "unter realistischen Annahmen über den Tiefgang des Tests nicht sehr viel".


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