GM - Das Leben findet immer einen Weg...

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
Lykurg
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Di 18. Mär 2014, 15:25 - Beitrag #1

GM - Das Leben findet immer einen Weg...

Wie ich eben las, ist eine schon lange wiederkehrende Prophezeiung von Kritikern der Genmanipulation in der Landwirtschaft umgehend wahrgeworden: Beim Maiswurzelbohrer hat sich eine Resistenz gegen Bt-Mais herausgebildet, der 1996 eigentlich genau gegen diesen Schädling gezüchtet wurde. Die Sorte war offenbar sehr erfolgreich; nun sind schlagartig drei Viertel der US-Maisproduktion ein gefundenes Fressen für den Schädling.

Ich sehe insofern auch die Problematik früher von mir vertretener, GM-freundlicherer Positionen ein... zumindest, wenn diese Sorten eine so marktbeherrschende Stellung erlangen und offenbar auch falsch verwendet werden. Offensichtlich ist es naiv, nicht mit auftretenden Resistenzen zu rechnen (das gilt allerdings natürlich auch für den Pestizideinsatz in konventioneller Landwirtschaft). Unabhängig davon kann man wohl ganz dankbar dafür sein, daß wir noch durch Handelsbeschränkungen davor geschützt sind; sollten diese fallen, wäre eben (entgegen dem Druck der Hersteller) auf streng eingegrenzten Einsatz zu beharren, um ein ähnliches Problem zu verhindern.

Ipsissimus
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Di 18. Mär 2014, 16:12 - Beitrag #2

Ich gehe davon aus, dass der Druck der Hersteller auf Dauer immer gewinnen wird. Deren Dreistigkeit kennt keine Grenze und keine Müdigkeit, ganz im Gegenteil zum Widerstand derer, die einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen, aber nicht gelassen werden.

janw
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Di 18. Mär 2014, 16:54 - Beitrag #3

Lykurg, auch bei dem Herbizid Glyphosat ("Round Up") sind meines Wissens in den Soja- und Maisanbaugebieten in Brasilien schon Resistenzen aufgetreten.
Die Folge solche Vorgänge können Ernteeinbrüche sein, welche die früheren Schwankungen durch Erregerbefall in den Schatten stellen.

Bei Bt-Toxin kommt hinzu, daß Bacillus thuringiensis eine ziemlich zentrale Rolle in der biologischen Regulation von Insektenpopulationen spielt. Wenn nun entsprechend bedeutsame Insektenarten auch resistent werden sollten, könnten auch die natürlichen Regulationsprozesse betroffen werden. Dies wäre auch zu bedenken beim regelmäßigen Einsatz von Bt-Toxin gegen Malaria-Mücken.

Traitor
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Di 18. Mär 2014, 19:46 - Beitrag #4

Fragt sich, ob Bt-Mais gegen Bt-resistente Schädlinge empfindlicher ist als normaler Mais gegen normale Schädlinge? Wenn nicht, ist das zumindest kein echtes Gentechnik-Problem, sondern einfach nur das generelle von Monokulturen.

Der "Refuge"-Ansatz zur "nachhaltigen" Bt-Nutzung ist mir im Gegenzug nicht ganz verständlich - würde nicht auch bei einer idealistischen 50-50-Aufteilung immer noch ein ziemlich großer Vorteil für resistente Populationen bestehen und diese vielleicht nur etwas langsamer, aber doch recht bald so dominierend werden, dass Bt fast nichts mehr bringt?

Maglor
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Di 18. Mär 2014, 23:30 - Beitrag #5

Die natürliche Evolution hat also die Genmanipulation übertrumpft und Maiswurzelbohrer hat nachgerüstet und wieder mit dem Mais gleichgezogen. Im Grunde ist das eine Rückkehr zur Ausgangslage.
Ich sehe in diesem speziellen Fall keine besondere Gefahr der Genmanipulation. Das ist eher ein Beispiel für die Sinnlosigkeit der Genmanipulation oder wenigstens dafür, dass die erzielten Erfolge nur kurzfristig sind.

Zitat von janw:Lykurg, auch bei dem Herbizid Glyphosat ("Round Up") sind meines Wissens in den Soja- und Maisanbaugebieten in Brasilien schon Resistenzen aufgetreten.

Es wäre auch Betrug, wenn die Resitenzen nicht aufgetreten wären, immerhin war das eine der wesentlichen Eigenschaften des Monsanto-Saatsguts.

Zitat von Lykurg:Unabhängig davon kann man wohl ganz dankbar dafür sein, daß wir noch durch Handelsbeschränkungen davor geschützt sind; sollten diese fallen, wäre eben (entgegen dem Druck der Hersteller) auf streng eingegrenzten Einsatz zu beharren, um ein ähnliches Problem zu verhindern.

Europa importiert bereits Mais aus den USA. Die hiesige Feldfrucht taugt nur als Brennstoff, höchstens als Viehfutter. Die für den Verbraucher bestimmten Maiskolben, Maismehle usw. sind ganz gewiss nicht aus der hiesigen Monokultur.

Lykurg
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Mi 19. Mär 2014, 00:47 - Beitrag #6

@Ipsissimus: Wahrscheinlich ja. Darüber hinaus ist schon angesichts der gezahlten Bestechungsgelder, äh, Lobbymittel, der Einfluß auf den Kongreß im Zweifel groß genug, auch dauerhaft bei allen Handelsgesprächen auf die Beseitigung dieser 'unzulässigen Einschränkung des freien Handels' zu pochen.

@janw: Immerhin steht zu hoffen, daß die Resistenz beim Maiswurzelbohrer sich nicht auf die Anophelesmücke überträgt,^^ es verweist nur auf die Möglichkeit, daß auch sie die entsprechenden Resistenzen unabhängig entwickelt. Aber ja, natürlich - wie beim Maisanbau darf man eben nicht nur eine Methode der Schädlingsbekämpfung nutzen, sondern muß verschiedene Mittel abwechseln bzw. koppeln, um, wenn, gleich die ganz fiese Multiresistenz heranzuzüchten.

@Traitor: Sollte die Bt-Resistenz eine rezessive Eigenschaft sein, könnte es einen erheblichen Effekt haben, eine nicht resistente Population am Leben zu erhalten, deren beständiges Reinkreuzen für Anfälligkeit sorgt. Sonst kann ich es mir auch nicht erklären, außer halt als Verlangsamungsmittel.
Darüber hinaus liegt auf der Hand, daß die Bauern die ursprünglich empfohlenen 50% Nicht-Bt-Mais kaum je eingehalten werden, wahrscheinlich nicht einmal 10%. "Wozu auch freiwillig Mais den Viechern überlassen..."

@Maglor: Ein Nachteil ist halt, daß die Hersteller ihre Marktmacht einsetzen, um großflächig ein angeblich fehlerfreies Saatgut einzusetzen (eben zB für drei Viertel der US-Maissaat), so daß der Effekt, wenn sich Fehler herausstellen, ungleich größer ist als bei natürlicher Diversität. So gesehen aber kein Problem von GM an sich, sondern von deren praktischer Anwendung.
Daß hiesiger Mais überhaupt nicht als Nahrung angebaut wird, überrascht mich dann doch. Ich hätte gedacht, daß vor allem Saatgut importiert wird/werden soll.

janw
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Mi 19. Mär 2014, 14:03 - Beitrag #7

Zitat von Maglor:Die natürliche Evolution hat also die Genmanipulation übertrumpft und Maiswurzelbohrer hat nachgerüstet und wieder mit dem Mais gleichgezogen. Im Grunde ist das eine Rückkehr zur Ausgangslage.
Ich sehe in diesem speziellen Fall keine besondere Gefahr der Genmanipulation. Das ist eher ein Beispiel für die Sinnlosigkeit der Genmanipulation oder wenigstens dafür, dass die erzielten Erfolge nur kurzfristig sind.

Nur, daß auch das natürlich vorkommende Bacillus thuringiensis den Wurzelbohrer nicht mehr trifft.

Zitat von janw:Lykurg, auch bei dem Herbizid Glyphosat ("Round Up") sind meines Wissens in den Soja- und Maisanbaugebieten in Brasilien schon Resistenzen aufgetreten.

Es wäre auch Betrug, wenn die Resitenzen nicht aufgetreten wären, immerhin war das eine der wesentlichen Eigenschaften des Monsanto-Saatsguts.

Hrrr, ich meinte nicht die Resistenzen der Soja- und Maispflanzen, sondern übernommene Resistenzen bei den Wildpflanzen.

Zitat von Lykurg:Daß hiesiger Mais überhaupt nicht als Nahrung angebaut wird, überrascht mich dann doch. Ich hätte gedacht, daß vor allem Saatgut importiert wird/werden soll.

Hier im Norden erreicht der Mais meines Wissens nicht die nötige Körnerreife, und der Ertragsreiz liegt eindeutig auf der Ganzpflanzenverwertung als Silage oder Biogasrohstoff.
Zuckermais für Maiskolben ist ein Nischenprodukt.

Lykurg
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Mi 19. Mär 2014, 15:47 - Beitrag #8

Danke, das war mir neu, ich hatte weder im Blick, daß es unterschiedliche Sorten sind, noch, daß sie nicht durchreifen.

Ein Interview in der taz von September 2011 beschreibt ähnliches für indische Baumwolle, allerdings mit wesentlich heftigeren Nebenerscheinungen. Explizit heißt es dort:
Daten der Bauern zeigen, dass mit Gentech-Baumwolle 13-mal so viele Pestizide nötig sind. Genforscher der Universität Delaware haben gerade eine Studie veröffentlicht, die ergab, dass die genetische Manipulation Pflanzen anfälliger für Krankheiten und Schädlinge macht.

janw
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Mi 19. Mär 2014, 19:07 - Beitrag #9

Lykurg, pflück Dir einfach mal Ende Juli einen milchreifen Maiskolben und probier ihn. Er wird relativ mehlig schmecken, nicht süß. Das ähnliche wie bei Stärke-Kartoffeln vs. Speisekartoffeln.

Im Grunde ist auch nichts anderes zu erwarten: Die eingebrachte Resistenz richtet sich bei der Baumwolle gegen den Kapselkäfer und wird dadurch erreicht, daß die Pflanze in ihren Kapseln einen Giftstoff erzeugt, der die Käferlarven tötet.
Dafür muss die Pflanze aber Manapunkte aufwenden - Energie, Eiweiß, Stoffwechselkapazität - die nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung stehen, z.B. für mehr Fruchtansatz, Verteidigung gegen Pilze oder andere Schädlinge, gegen Konkurrenz durch andere Pflanzen auf dem Acker oder zum Überstehen von Stress durch Dürre oder anderen Mangel.

Deshalb braucht z.B. auch der "Goldene Reis" mit Vitamin A deutlich mehr Dünger als normaler, um einigermaßen vergleichbaren Ertrag zu bringen und entsprechend mehr Schutz gegen Schädlinge.
Also vor allem ein Geschäft für die Düngemittel-Industrie, und an sich unnötig: Ein paar Mango- und Papaya-Bäume um die Felder genügen, um für alle genug Vitamin A zu liefern.

Maglor
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Mi 19. Mär 2014, 20:01 - Beitrag #10

Einer höherer Pestizidverbrauch bei transgenen Pflanzen wäre doch durchaus im Sinne der Erfinder. Transgenes Saatgut und die Pestizide kommen meistens vom selben Hersteller. :rolleyes:

Zitat von janw:Nur, daß auch das natürlich vorkommende Bacillus thuringiensis den Wurzelbohrer nicht mehr trifft.

Die Sache läuft doch gut für den Insektizidherstellter. Bacillus thuringiensis war ohnehin nur Konkurrenz und die ist fürs erste ausgeschaltet.

Zitat von janw:Hrrr, ich meinte nicht die Resistenzen der Soja- und Maispflanzen, sondern übernommene Resistenzen bei den Wildpflanzen.

Das ist ein rein amerikanisches Problem. In Europa gibt es keine Wildpflanzen, die nah genug mit Mais verwandt sind. Diese Gefah bestünde bei Genmais in Deutschland nicht.
Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland keine stabilen Populationen des Maiswurzelbohrers. Die Gefahr einer Resistenzbildung des Käfer ist also ebenfalls nicht gegeben, genauso wenig wie die Notwendigkeit einer Resistenz des Maispflanze.

Lykurg
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Mi 19. Mär 2014, 20:47 - Beitrag #11

Lykurg, pflück Dir einfach mal Ende Juli einen milchreifen Maiskolben und probier ihn.
Wenn ich an einem vorbeikomme... ;) Mangelnde Beobachtungsgelegenheit bedingt auch Ahnungslosigkeit. Allerdings hätte mir auch auffallen können, jetzt, wo ich darüber nachdenke, daß man Mais üblicherweise im Supermarkt bekommt, nicht aber auf dem Wochenmarkt. - Das Argument gegen bzw. zur Überflüssigkeit von Goldenem Reis ist spannend. Warum (abgesehen natürlich von Herstellerinteressen) wird es dann nicht längst so gemacht, bzw. (wieso) ist Vitamin-A-Mangel (dann) überhaupt noch ein Problem?

Maglor
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Do 20. Mär 2014, 20:53 - Beitrag #12

... und weil um nicht weniger geht als um die Bekämpfung des Hungers auf der Erde, bleiben die typische Kulturpflanzen der Sahelzone außen vor. Maniok, Yams und Hirse trotzen der grünen Gentechnik und bleiben ganz natürlich sich selbst überlassen. Es gibt nicht mal konventionelle Zuchtprogramme. :fear:


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