janwModerator
Beiträge: 8488Registriert: 11.10.2003
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o wie schön, die Welt der redundanten Xenologien!
Nein, möchte meine Sicht der Dinge darstellen, ein paar Fremdwörter müssen vielleicht sein- aber nur ein paar...
Und etwas ausholen muß ich auch;-))
Mal zum Ursprung: Der kategorische Imperativ wurde von Kant so zwischen 1780 und 1790 formuliert. Er steht damit in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Regelsetzungen bis dahin von "Königen von Gottes Gnaden" erlassen worden waren, wer sollte sie aber nun erlassen und nach welchem Grundprinzip?
Da hatte 1762 Rousseau die Idee von einem Gesellschaftsvertrag entwickelt, in dem jeder Bürger eines Staates bestimmte unveräußerliche Rechte besitzt. Der Staat ist eine Institution, die den Bürgern diese Rechte garantiert. Weil das aber damals nicht ganz so war, konstruierte Rousseau einen hypothetischen Urzustand des Staates, eine Gemeinschaft zivilisatorisch unverdorbener Naturmenschen. Diese sollten im Gegensatz zu ihrer tierischen Umgebung nicht instinktgebunden sein, sondern nach eigenem Willen handeln. Das Grundmuster des Handelns, das für die Mitglieder dieser Gesellschaft zumindest unschädlich sein sollte, bezeichnete er als gemeinschaftlichen Willen- volonte general. Danach zu handeln, war demnach tugendhaft.
Kant entwickelt daraus oder in dessen Kenntnis den kategorischen Imperativ, ich verstehe ihn gewissermaßen als eine Anleitung zur Umsetzung des volonte generale: Handle so, daß die Maxime (der tiefste Grundsatz) deines Handelns einem Staat als Grundlage seiner Gesetzgebung gereichen könnte."
Kategorisch heißt hier: die Handlung oder ihr Zweck an sich sollen als begründet beurteilt werden können, im Gegensatz zu dem Fall hypothetischer I., wo sich die Begründetheit einer Handlung oder eines Zweckes an ihrer Eignung als Mittel zur Erreichung von etwas bemisst.
Denn nur wenn der tiefste Grundsatz des Handelns als begründet, d.h. positiv akzeptabel angesehen wird, kann auf ihm eine allgemeine, d.h. für alle davon betroffenen Fälle zutreffende Gesetzgebung aufgebaut werden. Eine nur Einzelinteressegeleitete Gesetzgebung ist dagegen nicht tauglich.
Demnach ist also ein individuelles Handeln nach den Anforderungen des KI "gut", d.h. tugendhaft.
Die drei Postulate (Vorschläge, das es so ist) haben wohl eher die Aufgabe, eine Belohnung für das tugendhafte Verhalten zu liefern: Wenn du tugendhaft bist, wirst du unsterblich und kein geringerer als Gott ist Bürge dafür. Wer würde da noch eine Bank ausrauben??!
So die Denke von Kant. Der KI gehört damit in die Ethik.
Das Zitat von Padreic ist hier sehr gut: Der KI ist gewissermaßen der Ausfluß aus der Kapitulation der Rationalisten vor der anthropologischen Realität.
Was heißt das? Es gab die philosophischen Strömungen des Idealismus und des Rationalimus. Sie sagten etwa "Der Mensch ist gut" und "Der Mensch handelt nach dem Verstand"
Wenn dem so wäre, würden alle Menschen nach ihrer Vernunft handeln und bräuchte es keine Gesetze zu geben und auch keiner Begründung für Regelungen, damit keines KI.
Weil aber der Mensch nicht immer und das immer öfter ziemlich unvernünftig und eigensüchtig handelt, braucht er den KI. (@ Artanis: eben weil irrealis, deshalb KI)
Der in Gesellschaft lebende Mensch MUß (Imperativ) eine solche Basis für sein Handeln haben laut Kant (@ Artanis: kategorisch drückt hier keinen apodiktischen Absolutheitsanspruch aus, sondern die "Regelungstiefe", s.o.)
Die crux an der Sache ist nun die: Gesetze ersetzen, was durch mangelndes vernünftiges Handeln als Defizit ( Mangel) entsteht. Aber: Soll ein Regelsystem oder auch der volonte general nur den Schaden abwenden, der ohne es entstünde, also ein kleinstes gemeinsames Vielfaches sein, auf das alle sich verständigen, oder soll es einen zusätzlichen Nutzen haben?
Soweit ich sehe, geht es Kant und Rousseau mehr um ersteres, ein auf zusätzlichen Nutzen abzielendes Regelsystem wäre eigentlich auch nicht mehr kategorisch.
Die Idee vom zusätzlichen Nutzen und die sich daraus ergebende Frage, wie dieser Nutzen beschaffen sein soll, wurde vom Utilitarismus entwickelt und diskutiert. (Eine Handlung oder eine Regel ist demnach dann begründet, wenn sie nützlich ist - von utilis nützlich)- fragt sich nur wofür. Die Idee des Wohlfahrtsstates resultiert z.B. aus dem Utilitarismus.
Ein Beispiel:Es ist Krieg, aber die kriegführenden Parteien wollen damit aufhören. Sie führen folgende Motive an:
Krieg bedeutet Unfrieden, die grundlegenden Bedürfnisse und Rechte der Menschen werden dabei mißachtet
=> Krieg widerspricht dem volonte general, Krieg zu beenden ist begründet, weil jeder rein vernünftig handelnde Mensch ihn beenden würde. =Begründung im Sinne des KI
Krieg beenden bedeutet mehr Gewinn für alle, weil keine Güter mehr zerstört werden und freies wirtschaften möglich ist
=> Krieg beenden erzeugt eine Friedensdividende = Begründung des Utilitarismus
So, es ist etwas lang geworden, aber ich hoffe verständlich. Für Anmerkungen zur sachlichen Richtigkeit schlage ich vor, daß Ihr mir sie per PN oder als mail schickt, ich werde dann hier korrigieren- das entlastet den thread
janw
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