TraitorAdministrator
Beiträge: 17500Registriert: 26.05.2001
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5 Tage, nachdem ich ihn mir mit dem halben Institut in OV angesehen habe, auch mal eine Beurteilung. Sie fällt im Wesentlichen wie bei Indiana Jones aus: ganz spaßig, aber hätte man auch ruhig lassen können.
Die Handlung war ziemlich schwach. Wieso man sich hier ausgerechnet beim Totalausfall Nemesis bedient hat, wird auf ewig ein Rätsel bleiben - ein romulanischer Renegat mit Monsterschiff, der sich an einem persönlichen Feindbild rächen will. Das ist doch wirklich eins zu eins übernommen.
Inszenatorisch bekommt man, was bei einem Werk eines TV-Machers für's Popcornkino zu erwarten war - ohne Blick für das Ganze wird von Ereignis zu Ereignis gesprungen, die Actionszenen wiederholen sich (mindestens dreimal hängt Kirk über einem Abgrund...) und haben trotz viel Bombast nie echtes Spannungsmoment.
Die Charaktere bekommen kaum Raum zur Entwicklung. Bei Kirk und Spock geht es noch, die wichtigen Schritte werden gezeigt, wenn auch nur so kurz, dass man sie mehr glauben muss als nachvollziehen kann. Die anderen Figuren bleiben aber leider reine Staffage und Stichwortgeber.
Jetzt aber auch mal positive Aspekte. Das Unterhaltungsniveau bleibt stets hoch, die Einzelszenen mögen zwar nie richtig toll sein, solide sind sie aber stets. Und das Tempo ist hoch genug, dass man die Gesamtschwächen von Handlung und Aufbau meist vergessen kann. Dann sitzt der Humor oft richtig klasse, die Darsteller arbeiten allesamt ordentlich und harmonieren gut miteinander, was sich hauptsächlich eben im Humor zeigt.
Wir hätten also etabliert, dass es ein unterhaltsamer, aber kein sonderlich guter Film ist. An dieser Stelle muss ich ihn aber natürlich langsam mal mit den anderen Star Treks vergleichen. Und ehrlich gesagt hatte keiner von diesen je echte Spitzenqualitäten. Sogesehen muss das Gesamturteil für Teil 11 noch nicht negativ ausfallen.
Betrachten wir also noch die Trek-Qualitäten. Was die alten Teile immer auszeichnete und trotz filmischer Schwächen oft richtig toll machte, war ihr Charme. Hier haben sich die neuen Macher auch tatsächlich viel Mühe gegeben, diesen zu rekonstruieren. Den Hauptteil dabei leistete die Casting-Abteilung, die Jungschauspieler sind allesamt gut besetzt. Besonders Spock und McCoy sind als Jungausgaben ihrer Originale nahezu perfekt getroffen, Sulu, Chekov und Scotty zumindest ziemlich glaubwürdig (der meist besonders gelobte Chekov ist im OV-Audio perfekt, optisch für mich aber nicht ganz, also nur hier gelistet), Kirk und Uhura gehen so gerade noch durch. Der bereits erwähnte Humor ist manchmal doch sehr platt und modern, in vielen direkten Zitaten und dem angedeuteten McCoy-Spock-Streit aber nah am klassischen Niveau. Und viele große und kleine Elemente des bekannten Universums wurden sehr liebevoll eingebaut.
Dagegen steht allerdings der optische Stil - die Enterprise von außen sieht gut aus, das Föderationshauptquartier auch. Die Brücke der Enterprise ist aber eine Katastrophe, um Generationen zu modern; im Gegensatz dazu wirken Maschinenraum und andere Teile wie von einem US-Marine-Kriegsschiff. So sicher Absicht, aber völlig verfehlt. Und dass man Stil und Technik der Original-Ausstattung nicht mit moderner Umsetzung richtig klasse hätte aussehen lassen können, kann mir keiner erzählen.
Leider sind auch die positiven Aspekte aber letztlich nur oberflächliche Qualitäten. Somit bin ich bei der Prequel-Frage. Warum? Warum musste es sein? Star Trek ist doch kein Batman oder sonstiges Superheldenfranchise, bei dem einfach nicht genug Stoff für mehr als 2-3 Filme da ist und somit ein Reboot hermusste. Das ST-Universum ist riesig und hätte mehr als genug Potential für neue, gerne auch hippe und moderne Filme in der "Jetztzeit" der bewährten Chronologie gehabt.
Ab hier Spoiler
Und dann ist es ja noch nichtmal ein Prequel, sondern eben ein Reboot. Spätestens als Vulkan zerstört wurde, musste man ja eigentlich glauben, dass am Ende per Zeitreise alles nie passiert war. Aber dann entscheiden sie sich doch noch für die Paralleluniversums-Variante. Damit ist zwar natürlich jedwede Widersprüchlichkeit zum Original (persönliche Entwicklung der Charaktere, Enterprise auf dem Erdboden gebaut, verfrühte Enterprise-Übernahme, usw.) "logisch erklärt" und man gibt sich die Möglichkeit, 20 weitere Filme und 10 Serien neu zu drehen. Aber alles, was dabei herauskommen kann, sind doch nur 2 Möglichkeiten:
a) man entfernt sich weit von den Originalen, dann ist es kein Star Trek
b) man bleibt nahe dran und dreht alles fast 1:1 nach, dann sind es auf ewig nur "naja, ganz nett, aber eben nicht die Originale"-Kopien.
Wirtschaftlich mag das durchaus aufgehen, aber wäre das eine stilistisch ähnliche, aber auf den Originalen aufbauende Variante nicht auch?
Zurück zum Film. Er stößt Fans also durch die gezielten Brüche ab, versucht sie aber durch Zitate und sonstige Spielereien zu versöhnen. Das funktionierte auch zumindest bei mir einigermaßen, leben kann ich mit dem Film. Letztlich wird aber erst ganz am Ende klar, was ihm so richtig fehlte. Als die Einleitungsworte der Originalserie verlesen werden. Weder hatte dieser Film den Charme und die emotionale Berührendheit der Originale, die schon diese Worte ausdrücken. Noch hat er auch nur ein einziges Mal gezeigt, wie jemand unbekannte Weiten erforscht. Alles, was es gab, waren atemlose Actionsequenzchen und nette Gags.
Somit fällt Star Trek XI für mich in die Kategorie von Teil VIII - nett, unterhaltsam, aber nur Action ist zu wenig für Star Trek. Er war mit Sicherheit weit besser als Nemesis, wohl auch als der im Endeffekt nur TV-Doppelfogen-Niveau habende Teil IX, oder auch als VII. Aber keinem der Originalcrew-Teile ist er gleichwertig (höchstens ganz knapp V durch mehr Spannung, aber dafür mangelt es eben an Charme), noch erwähntem Achter, da er eben noch völlig unnötig den Reboot-Aspekt einbringt.
Fazit vom Fazit: unter den Reboot-Voraussetzungen hätte es weit schlimmer kommen können. So ist es weder ein wirklich guter Film noch gutes Star Trek, aber unter beiden Aspekten einigermaßen brauchbar. Kann man mit leben.
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