Es ist, um die Aussage zu schärfen, meine Auffassung, dass das formale Einpauken von Buchstaben und Worten, schließlich das handschriftliche Diktat und später der handschriftliche Aufsatz unumgängliche Voraussetzungen für angemessenes, qualitativ hochwertiges Denken darstellen. Diesen Prozess wegfallen zu lassen ist so, als würde an einen Deutschen die Aufforderung ergehen, einen japanischen Text zu lesen und auf Japanisch zu kommentieren, ohne sich jemals mit Kanji, Hiragana und Katakana beschäftigt zu haben. Es geht schlichtweg nicht.
Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Selbst Schönschrift (was ja meist unter dem Aspekt der Lesbarkeit bewertet wird, also nicht zu klein/krakelig/ungleichmäßig) zu üben kann sinnvoll sein, das sehe ich an meinem Bruder, der eine unglaublich kleine und krakelige Handschrift hat und dafür auch jetzt noch von seinen Lehrern kritisiert wird, weil sie es einfach nicht lesen können. Mit der Hand in angemessenem Tempo gut lesbar schreiben zu können, wird noch für die nächsten... mindestens 100 Jahre von Bedeutung sein. Und auch darüber hinaus wird es weiterhin Liebhaber des Schreibens von Hand geben, zu denen auch ich mich zähle.
Welche Vorteile hat das Schreiben von Hand?
- Zunächst einmal wird die Hand-Auge-Koordination in hohem Maße geschärft, viel mehr als beim Tippen auf der Maschine
- Durch die Wiederholung wird sowohl das Lesen eingeübt als auch das Erkennen von der bekannten Druckschrift abweichender Schrifttypen
- Durch die Wiederholung wird der Prozess automatisiert, unabdingbare Voraussetzung für flüssiges Schreiben und auch Lesen, wie Ipsi schon sagte
- Es sind deutlich mehr Datenträger und Eingabemodule vorhanden, soll heißen, Stift und Papier sind nicht einmal eine Voraussetzung, auch Tafel und Kreide, Whiteboard und Filzstift, Poster und Wachsmalstifte, Steinplatte und Meißel, Straße und Kreide, zufällig gefundener glatter Stein plus zufällig gefundener roter Schreibstein sowie eigentlich die meisten weichen Oberflächen, Holz (-tische), Wände, Ton und Wachs eignen sich zum draufschreiben. Wenn also mal kein elektronisches Gerät vorhanden ist, oder dieses ausgeschaltet ist, oder man auf dieses aus sozialen oder technischen Zwängen (man sitzt im Flieger, die Batterie ist leer, der Computer ist abgestürzt) nicht zugreifen kann, wird man wieder auf seine eigene Schreibfähigkeit zurückgeworfen.
- (Liebes-) briefe, von Hand geschrieben und auf schönem Papier, sind etwas ganz anderes als computergeschriebene (ausgedruckte) Briefe oder e-mails.
- Per Hand schreiben ist schön... mir zumindest bereitet es Vergnügen, mit der Hand zu schreiben, und ich kann andere Dinge schreiben, die mir oft nicht in den Sinn kommen oder aussortiert werden, wenn ich sofort die korrekte PC-Variante davon zu sehen bekomme, wenn ich es eintippe
- Ein nicht unerheblicher Anteil der (meinen) "beruflichen" Kommunikation spielt sich per Handschrift ab, insbesondere Klausuren, auszufüllende Anträge, und, was sicherlich meiner freien Entscheidung geschuldet ist, Erstfassungen meiner größeren schriftlichen Arbeiten.
Von vielen Menschen, die gerne Geschichten schreiben, weiß ich auch, dass per Hand schreiben häufig mehr oder anders inspiriert, als das mit dem Computer geschieht. Mit dem Computer werden die Sätze meist von vornherein besser, weil man dauernd noch korrigiert, wenn man einen Fehler sieht; auf dem Papier finden sich mehr Ideen ein.
Dass die Autorin des Buches ihre Bücher rein mit "Microsoft" schreibt, könnte vielleicht deren Qualität erklären
Zum Artikel kann man sonst nicht viel sagen, außer: Der eigentliche Kritikpunkt sollte die Maschinenauswertung von Grundschülertests sein und das pedantische Beharren auf dem G, nicht das Schreiben an sich. Lykurgs Aussage zum vermutlichen Analphabetentum des Kleinen ist vermutlich zutreffend.
Eine zitierwürdige Stelle habe ich natürlich auch noch gefunden:
Ist eine schöne Schrift ein Hinweis auf Intelligenz? Nein, nicht mehr als sie die Religiosität einer Person offenbart.
Hach...