Nicht im Kunstunterricht, sondern im Marketingstudium lernte ich die knapp pragmatische Unterscheidungsdefinition, nach der Design zweckgebundene Gestaltung sei und Kunst zweckfreie. Wobei zweckfrei meint, es gibt keinen klar(er) umrissenen, durch Anforderungen an zu erbringende Leistung oder zu erreichende Ziele der Gestaltungslösung definierten Zweck, der zu erfüllen ist. Somit bleiben Aspekte und Motive wie künstlerische Selbstverwirklichung oder/und das senden einer Botschaft des Künstlers trotz der zunächst hart klingenden Definition der zweckfreien Gestaltung umfasst.
Nun gibt es, mit Schwerpunkt im Rheinland und Köln, einen grundsätzliche anerkannten Künstler, der an die letzten Lebenswege von durch die Nationalsozialisten verfolgten und ermodeten erinnert, indem er an ihren letzten Wohnadressen im Pflaster bronzefarbene Stolpersteine mit knappen Infos zu ihrem Schicksal nach "Auszug" aus den Häusern verlegt.
Über diesen Gunter Demnnig berichtet nun die Kölnische Rundschau. Er liege im Streit mit den Finanzbehörden, die die Stolpersteine nicht als Kunst akzeptierten und von ihm daher die Abführung des normalen und nicht des reduzierten Mehrwertsteuersatzes fordern, da sie darin ein fabrikmäßig gefertigtes Massenprodukt sowie im Verlegen der Steine keine schöpferische Tätigkeit erkennen.
Der auch Demnig verständlicherweise störende finanzielle Aspekt sei hier ausgeblendet. Vielmehr geht es mir um die politische Botschaft, die Demnig in den Entscheidungen der Finanzbehörden erkennt:
„In den KZs waren die Menschen nur Nummern. Die Steine bringen die Namen der Opfer zurück, aber das wird bei den Bürokraten gar nicht gesehen!"
Diese Haltung finde ich verständlich und nachvollziehbar, aber ich sehe darüberhinaus schon die Frage, ob dies wirklich ein Beispiel für Kunst oder/und eine Aufgabe für Kunst ist.
Durch Stolpersteine im wahren Sinne des Wortes die abstrakte Gesamgräuel des Nationalsozialismus begreifbar(er) zu machen und auf die Ebene der wohl einfacheren, konkreteren Wahrnehmung im eigenen Lebensumfeld runterzubrechen ist wohl gleichsam sinnvoll wie zur Bewahrung gesammtgesellschaftlich wesentlicher Erinnerungskerne geboten.
Aber ist das Kunst oder eher angewandte politische Pädagogik? Vermag die Frage Serienfertigung vs. Handarbeit über die Zugehörigkeit zur Kunst entscheiden? Kann es richtig und gewollt sein, demnach von Künstlern wie Warhol hergestellte Seriendrucke als unkünstkerisches Massenprodukt zu sehen und einen besonders hochwertigen und nahezu komplett handgefertigten individuellen Innenraum einer Luxuslimousine als Kunst zu betrachten?
Wie wäre in dem Kontext das Denkmal für die ermordeten Juden uropas in Berlin mit seinen eben gerade seriell wie industriell gefertigten Stelen zu beurteilen? Als Kunst oder archtektonisch-politische Pädagogik?
Lassen sich bei derartigen Erinnerungsbauten und Denkmalen ggf. die Funktion der politischen Bildung und die künstlerische Ausgestaltung der verwendeten Objekte unterscheiden?
Kann Kunst (gibt es ggf. historisch klare Beispiel) überhauot im engen Sinne mit Kunstwerken Andenken in der Bevölkerung auslösen? Und dann noch so, wie vom Auftraggeber gewollt?