Hier das Original, frei zugänglich ist aber, wie bei Nature üblich, nur der Abstract.
Das Radio wirft da leider einiges durcheinander. Zum einen finde ich es in einem für das Allgemeinpublikum gedachten Bericht gefährlich, von einer "Galaxie aus Dunkler Materie" zu reden, da das die Assoziation weckt, sie beinhalte auch Sterne und Planeten aus Dunkler Materie, was aber äußerst exotisch wäre. Was sie meinen ist "eine Ansammlung Dunkler Materie von der Masse einer Galaxie". Und insbesondere ist wichtig, dass es sich nicht um eine Galaxie im üblichen, grob milchstraßengroßen, Sinne handelt, sondern um eine
Satellitengalaxie.
Ersteinmal zum Standardmodell:
Zitat von janw:Klangen die bisherigen Berichte eher danach, als wabere sie mehr oder weniger diffus durchs All
Mehr diffus als die helle Materie, aber weniger diffus als diffus.
Die beobachtete großräumige Struktur der hellen Materie (Galaxienhaufen, Filamente) entspricht ziemlich genau der der Dunklen Materie (in der Frühzeit des Universums kontrahierte auch primär die Dunkle und die helle folgte ihr). Auf "kleineren" Skalen (Galaxien und ihr inneres) ist die helle Materie konzentrierter als die Dunkle: helle Materie kann durch Abstrahlung von Photonen Energie=Temperatur=Bewegung loswerden und somit näher zur Mitte eines Potentialtopfes fallen, Dunkle kann das nicht (oder nur sehr beschränkt durch Annihilation oder interne Wechselwirkungen) und bleibt somit großräumiger um das Zentrum her verteilt.
Daher erwartet man, dass Galaxien in einen "Halo" Dunkler Materie eingebettet sind, der sich deutlich weiter nach außen erstreckt als die sichtbare Scheibe/Ellipse und auch als der sichtbare Teil des Halos. Zurück zur Strukturbildung: den üblichen Modellen nach bildeten sich zuerst diese Halos, in ihrem Zentrum sammelte sich dann Gas, aus dem die Sterne der künftigen Galaxie entstanden. Daraus ergibt sich aber auch fast zwingend, dass es kleine Dunkle Halos geben sollte, die nicht schwer genug sind, um genügend Gas zu sammeln, um Sterne zu zünden, also dunkel bleiben. Und als weitere Eigenschaft der Strukturbildung ist das "bottom-up"-Szenario wichtig, dass sich also erst viele kleine Halos bildeten, die dann zu größeren verschmolzen. Wobei dann einige bis viele kleine Halos auch übrig blieben und die großen umkreisen sollten. Mehr, als man an hellen Satellitengalaxien beobachten kann.
Daher die Vorhersage der "dunklen Satellitengalaxien", die zu finden sehr schwierig ist und deren weitgehendes Fehlen gerne als eines der größten Probleme des kosmologischen Standardmodells kritisiert wird. Aber nach und nach trudeln ein paar davon ein. Im Nature-Abstract wird ja auch auf frühere Funde verwiesen, der erste dieser Art ist die aktuelle Arbeit nicht.
Wirklich sensationell wäre die Entdeckung eines dunklen Halos von echter Galaxiengröße, also in etwa wie unsere Milchstraße. Damit hätte die Strukturbildungstheorie echte Probleme.
@Ipsi: Diese profane Erklärung ist wohl eher als vorsichtige Alternative zu einer reinen Ansammlung Dunkler Materie gedacht. Aus "nicht hell" folgt halt noch nicht automatisch "Dunkel" mit großem D.
Bestünde die gesamte Dunkle Materie im Kosmos oder ein großer Teil von ihr nur aus ausgebrannten oder schwachen Sternen, würde aber hinten und vorne nichts zusammenpassen. Die Strukturbildung wäre völlig anders verlaufen, der Mikrowellenhintergrund sähe anders aus, etc. Nur für einzelne lokale Fälle muss man das als denkbare Alternative beachten.