Auch um zu dokumentieren, wie elend quälend lang dieser Streit läuft, habe ich mal diesen Uraltthread ausgegraben.
Aus der gewiss fast unendlichen Masse an zwischenzeitlich publizierten Neuheiten scheinen mit zwei aktuelle Beiträge der SZ etwas erhellend.
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ersten wird das mich überraschende Ausmaß der Sperrerei dokumentiert: 61,5% der 1.000 populärsten Youtube-Videos sind in Deutschland nicht verfügbar - und damit um ein vielfaches mehr als in anderen Ländern. Zudem wird im Artikel beispielhaft aufgelistet, welche populärkulturig nicht gerade unbedeutenden Werke von diesen Maßnahmen betroffen sind.
Im
zweiten Artikel lese ich u.a.:
Am Wochenende wurde bekannt, dass die Gema eine Unterlassungsklage eingereicht hat, mit der sie Youtube diese Sperrtafeln verbieten will. Für sie sind die Tafeln "reine Stimmungsmache", mit der Youtube die Gema als Schuldigen für die Sperrungen hinstellen wolle. Gema-Sprecherin Ursula Goebel sagt: "Die Sperrungen sind aus unserer Sicht eine Kampagne von Youtube, um die Öffentlichkeit in den Verhandlungen gegen die Gema aufzubringen."
Mit Ruhm bekleckers sich IMHO beide nicht, das ist kein sachlicher Streit um die Auslegung einer Rechtsfrage; vielmehr habe ich den Eindruck, der eine will den anderen schlecht darstehen lassen:
Die Organisation inszeniert sich als deutscher David gegen den transnationalen Riesen Google, dem Youtube gehört. Sie will in Deutschland deutlich mehr Geld von Youtube, als Verwertungsgesellschaften in anderen Staaten mit Youtube ausgehandelt haben: 0,00375 Euro jedes Mal, wenn ein Video eines Künstlers, den sie vertritt, gestreamt wird. Das wäre mehr als das Dreifache von dem, was zum Beispiel britische Verwerter bekommen.
Youtube dagegen präsentiert sich als Vertreter der Informations- und Kunstfreiheit für die Masse, der den Usern alle ihre Lieblingsvideos zeigen würde (vor welche die Firma Werbung schaltet und so Geld verdient), wenn die Gema sich nicht aus Knauserei zwischen Fan und Musikvideo stellen würde. Wichtigstes Mittel sind dabei die Sperrtafeln.
"Wir sperren jegliche Premium-Musik" sagt Youtube-Sprecherin Mounira Latrache. Die Gema könnte das ja verhindern: "Wir wissen gar nicht, über welche Rechte die Gema verfügt. Würde uns die Gema eine Liste der Lieder geben, für deren Rechte sie zuständig ist, würde uns das helfen." Laut Paragraph 10 des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes ist die Gema als Verwertungsgesellschaft verpflichtet, "jedermann auf schriftliches Verlangen Auskunft darüber zu geben, ob sie Nutzungsrechte an einem bestimmten Werk" wahrnimmt. Gema-Sprecherin Goebel will keinen Zusammenhang zwischen einer möglichen Liste und den Tafeln sehen: "Wir selbst sperren nicht, deshalb würde es gar keinen Sinn machen, ihnen eine Liste zukommen zu lassen."
Mit den Sperrhinweisen will Youtube sich vor Schadenersatzklagen schützen. Die will die Gema seit Mitte Januar vor dem Deutschen Patent- und Markenamt durchsetzen. Sie möchte 1,6 Millionen Euro. Die Schiedsstelle soll prüfen, ob die von ihr verlangte Mindestvergütung von 0,00375 Euro angemessen sei, und zwar exemplarisch auf der Basis von 1000 Videos.
Dabei ließe sich der vorübergehende SPerrschaden und die Nicht-Verfügbarkeit von manchem Video wohl verhindern:
Würden die Firmen wenigstens einmal klären, um welche Songs es überhaupt geht, könnten die User mehr Videos sehen. Die Sperrtafeln erleichtern es sowohl Youtube als auch der Gema, sich als Opfer zu präsentieren. Videos schauen die Deutschen solange auf anderen Plattformen.