PadreicLebende Legende
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@seeker
Ich weiß, dass es ein sehr großer Bereich ist, an dem sich schon viele große Philosophen versucht und darüber Bücher geschrieben haben.
Ich selbst bin mir noch über vieles sehr unklar und weiß oft nicht, welche der vielen Möglichkeiten ich wählen soll.
Seit Augustinus wissen wir zumindest sicher, dass wir existieren, womit auszuschließen ist, dass jegliche Erfahrung von den Sinnen kommt. Und Dinge wie Gleichheit, Ähnlichkeit und Verschiedenheit kennen wir wohl auch schon von Geburt an. Ohne diese Dinge können wir gar keine Sinneserfahrung bekommen.
Wir können wohl nie beweisen, ob wir den Sinnen trauen können. Irgendjemand, ich glaube es war Hawkings, sagte einmal (sinngemäß), dass die Dinge so sind wie wir sie sehen, da wir sonst nicht hier wären, um sie zu sehen. Vielleicht ist da was wahres dran, da unser Bild, was wir uns ja primär aus der Sinneserfahrung zusammengebastelt haben, recht plausibel ist.
Sicher interpretieren wir die Sinneserfahrung nicht immer richtig. Man kann ja mit einfachen Experimenten auch sehen, was man sich alles dazudichtet, z. B. dass man auf einem weißen Blatt ein weißes Quadrat sieht, obwohl nur vier rote Dreiecke aufgemalt sind. Das mit pseudo-drei-dimensionalen Bilder, die du ja schon als Beispiel aufgeführt hast, ist ähnlich, da wir von der Erfahrung ausgehend sie als drei-dimensional betrachten. Dazu kommen noch Ängste, Wünsche und ähnliches, was du ja auch schon genannt hast, die die Interpretation des wahrgenommenen leicht verändern. Aber dass jede Interpretation nur durch Erfahrung geprägt ist, glaube ich nicht. Eine gewisse Interpretation ist wohl bei so ziemlich bei jedem Menschen gleich, z. B. dass dreidimensionale Anordnen von den zwei zweidimensionalen Bildern, die uns die Augen liefern, oder das Vergleichen von zwei Gegenständen auf Gleichheit. Aber auch bei angeborenen Interpretationen können wir uns nicht ganz sicher sein, dass sie stimmen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist.
Bei der Sinneserfahrung können wir uns so nie sicher sein, in wie weit sie korrekt ist, aber wir müssen einfach annehmen, dass sie grundlegend gesehen korrekt ist, da, wenn es nicht so wäre, wir einfach nicht vernünftig leben könnten. Aber wir müssen immer versuchen, uns darüber klar zu werden, was unser eigener Geist zu der Sinneserfahrung dazufügt und es herausfiltern, damit wir zu genaueren Ergebnissen kommen.
Aber wir können auch anderes jenseits der Sinneswahrnehmung erkennen, z. B. logische oder mathematische Gesetze. Nur ihr Problem ist auch, dass wir nach Gödel bei einer gewissen Komplexität niemals beweisen können, dass sie widerspruchsfrei sind, so dass wir nie genau wissen, ob diese logischen Gesetze überhaupt gelten können. Aber wir können es ähnlich machen, wie mit der Sinneserfahrung: Wir können nach genauer Prüfung annehmen, dass diese Gesetze richtig sind, auch wenn es noch eine Restwahrscheinlichkeit gibt, dass sie widersprüchlich sind, da uns sonst wieder die Hände praktisch gebunden wären, da wir selbst einfach Sachen, wie, dass der Satz des Pythagoras gilt, nicht benutzen könnten.
Im Endeffekt wissen wir außer unserer Existenz nichts sicher, aber es ist die einzige vernünftige Möglichkeit, anzunehmen, dass bestimmte mathematische und logische Gesetze gelten, und dass unsere Sinneserfahrung zur Wirklichkeit außerhalb unseres Geistes wenigstens Ähnlichkeit hat.
Padreic
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